Ein Flug zu den Kanalinseln

    Reisebericht von Winfried Schüngel.

 

Im September 2009 beschlossen unsere Piloten Alexander, Michael und Wolfgang mit mir einen Flug zu den Kanalinseln
zu unternehmen.
Geplant war der Ausflug schon seit geraumer Zeit und wir hatten uns schon mit reichlich Informationen über die
Flugdurchführung in der „Special Rules Zone“ der Kanalinseln aus dem Web eingedeckt und uns mit diesen auch vertraut gemacht.
Ebenso war auch eine Zwischenlandung mit Übernachtung in Deauville-Trouville geplant.
Auch hier fanden wir wieder die Karten mit den VFR Anflugverfahren des dortigen Flugplatzes St.Gatien de Bois im Internet.

So mussten wir nur noch kurz vor dem Flug die aktuellen Jeppessen Karten für die Strecke besorgen.
Die „grobe“ Planung der Strecke hatten wir schon anhand etwas älteren Kartenmaterials gemacht und so brauchten
wir den Plan nur noch mit den neuen Karten abzugleichen.

Die machbare Streckenführung durch Belgien und den Ostteil Frankreichs war mir von früheren Flügen nach England schon bekannt.
Dabei wurde die Strecke so gewählt, das man, bei etwa nicht zustande kommendem Funkkontakt in Belgien, grundsätzlich im
unkontrollierten Luftraub blieb.

So werden wir von Mönchengladbach aus die Kontrollzone Kleine Brogel nördlich umfliegen und dann weiter auf direktem Kurs
zum Funkfeuer Bruno (BUN).
Von dort aus geht es dann mit Kurs 260° zwischen den Kontrollzonen Antwerpen und Brüssel hindurch bis südlich von Gent.

Nächster Wegpunkt ist dann der Flugplatz Kortrijk Wevelgern und von dort aus mit etwa 240° zwischen die Kontrollzonen Lille-Lesquin
und Merville-Calonne hindurch.

Eigentlich ist eine Kontrollzone ja kein Hindernis und kann auch, entsprechende Freigabe vorausgesetzt, durchflogen werden, aber da
von uns 4 Piloten keiner der französischen Sprache mächtig war, wollten wir uns aus unbekannten Zonen heraushalten.
Man weiß nie, ob am Wochenende die kleineren Regionalflugplätze mit englisch sprechendem Personal besetzt sind.

Von der Südspitze der Kontrollzone Merville-Calonne geht es dann direkt zum Funkfeuer Dieppe (DPE) und dann weiter
direkt zum Pflichtmeldepunkt ED der Kontrollzone unseres ersten Zielflughafens St.Gatien de Bois bei Deauville.

 

Soweit die Planung.

Zum Wochenende des 25. bis zum 27. September versprach dann tatsächlich eine stabile Hochdruckwetterlage  gute
Sichtflugbedingungen für unsere geplante Flugstrecke.
Freitags wurde dann schon am frühen Morgen der Flugplan bis St. Gatien de Bois aufgegeben, der auch ohne
Kommentare angenommen wurde.

Ein Anruf in St.Gatien bestätigte, dass wir auch willkommen waren und das Wetter den erhaltenen Informationen entsprach.
Vor dem Start waren noch die Zollformalitäten zu erledigen, die allerdings nur aus einem Anruf bei der auf unserem
Startflughafen stationierten Bundespolizei bestanden.

Endlich konnte Wolfgang dann die bis zum maximalen Startgewicht beladene Regent am Abend des 25. September in
Mönchengladbach sicher in die Luft befördern und den Flugplan aktivieren.

Der Flug wurde genau so, wie beschrieben und geplant durchgeführt.
In Belgien hatten wir Kontakt mit Belga Conrol, der militärischen Fluginformation.
Diese arbeitet sehr professionell und mit gutem, akzentfreien Englisch.

Etwas  Funkstress gab es in der Umgebung des Flugplatzes Kortrijk. Es war sehr viel Flugverkehr dort und man bat uns,
die Umgebung des Platzes zu meiden. Laufend gab es Aufforderungen, auf andere Flugzeuge zu achten und
Positionsmeldungen abzugeben.
Leider war die Sprache eine Mischung aus Französisch und Englisch und wir waren froh, als uns Kortrijk Radio wieder
auf die Info Frequenz von Lille entließ.
Nun ging es wieder entspannt weiter mit der professionellen Unterstützung von Lille.

Hier überfliegen wir gerade Dieppe.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Abendlicht passieren wir die Pont Normandie

 


In St.Gatien wurden wir schon erwartet und pünktlich zur geplanten Zeit setzten wir dort auf.

Kurz vor der Schwelle in St.Gatien de Bois                   "D-EGLR cleared to land and welcome in Deauville"














Glücklich in St.Gatien angekommen.
 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Vorfeld von St.Gatien

 

Wir wurden sehr gastfreundlich empfangen, bekamen einen Parkplatz auf der Wiese und  fühlten uns gleich wohl.
Die Zollformalitäten waren auch reine Formsache und man besorgte uns auch sofort ein Taxi hinunter in die Stadt
zum Hotel, welches uns eine französisch sprechende Freundin, die jetzt dort lebt, besorgt hatte. Danke nochmals an Severine.

Wir verbrachten einen schönen Abend in der Doppelstadt Deauville Trouville.
Die Stadt war fast menschenleer, anscheinend waren weder Pferderennen noch Filmfestspiele angesagt, und so konnten
wir in aller Ruhe die schönen Bauwerke wie z.B. das Casino, die berühmte Strandpromenade und die vielen Luxusjachten
im Sporthafen bewundern.
Selbstredend gab es ein französisches Abendessen mit Huitre und Vin rouge. (Austern und Rotwein)
Ich glaube aber, ich hatte Pommes mit Fisch, nach dem Motto: „Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht“.

 

Abendlicher Rundgang in Deauville

 

 

 

 

 

 

 

 

Die berühmte Strandpromenade in Deauville

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Samstag, 26. September.

Die Nacht war kurz und als wir aufwachten, bekamen wir erst einmal einen Schreck.
Dichter Nebel lag über der Stadt. Wir frühstückten in Ruhe und checkten aus.
Als man uns nach unserem Reiseziel fragte, sagte ich das wir nach Guernsey fliegen wollen.
Die nette Dame an der Rezeption machte ein Gesicht als hätte sie noch nie davon gehört und wusste rein gar nichts damit
anzufangen. Aber wir wussten es.
Wir machten uns auch gleich mit einem Taxi auf den Weg zum Flugplatz.
Der Platz liegt auf einer Hochebene über der Stadt und war, wie ich vermutet hatte, frei von Nebel. Auch der Zielflugplatz
von Guernsey war nebelfrei, wie uns bei einem Anruf vor dem Start bestätigt wurde.  

Wir gaben unseren Flugplan auf, betankten das Flugzeug und erledigten die Zollformalitäten für den anstehenden Flug nach England.
Alles lief wie geplant und eine Stunde später waren wir in der Luft und mit Michael als Kommandant auf dem Weg nach Guernsey.

Auftanken in St.Gatien

 

 

Letzter Blick auf Deauville im Seenebel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Leider konnten wir von der geschichtsträchtigen Küste der Normandie nicht viel sehen, da immer noch Fetzten von flachem Seenebel
die Sicht behinderten. Was wir jedoch deutlich erkennen konnten, waren die Mulberrys, jene schwimmfähigen Hafenbefestigungen
mit denen die Engländer die Landungshäfen für die Invasion schützen wollten.

 Einige dieser Klötze ragen bei Arromanches noch aus dem Wasser.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nachdem wir Arromanches passiert hatten, wurden wir auch schon an Jersey Approach übergeben. Wir hatten jetzt Kurs direkt auf
Cap de Flammanville, dem Pflichtmeldepunkt für den Einflug in die „Channel Island Spezial Rules Zone“.

Ab Cap de Flammenville wurden wir an Radar übergeben und flogen kontrolliert und zum anderen Verkehr gestaffelt zum
North East Point. Von dort wurden wir dann auf das Endteil der Bahn 09 geführt und erhielten vom Turm die Landefreigabe.

Schon haben wir Guernsey erreicht und sind kurz vor dem North East Point  "D-EGLR  continue on heading 270 to north east point, not above 1000ft"

 

Im kurzen Endteil der RWY 09 auf Guernsey   "D-EGLR cleared to land on runway 09, after landing proceed to parkposition 33. fligtplan closed"

Wir parkten und sicherten unsere Regent auf einer Wiese vor dem General Aviation Terminal, zogen unsere Warnwesten an
und liefen mit dem Gepäck zum Abfertigungsgebäude.

Wie in England üblich, gab es erst einmal die Inbound Clearence Formalitäten zu erledigen.
Einige Fragen mussten beantwortet werden aber die Leute waren, wie nicht anders erwartet, sehr nett und hilfsbereit. 
Beim Airport Info Terminal, welches wir nach längerem Fußweg erreichten, wurde uns auch bei der Suche nach einem Hotel
geholfen und tatsächlich bekamen wir auch 2 Zimmer in einem kleinen Hotel direkt am Hafen in St.Peter Port.

Das moderne Terminal vom Guernsey Airport


Unser Holel in St.Peter Port

 

Mit dem Bus ging es in ca. 40 minütiger Fahrt über die fast tropisch wirkende Insel zu dem gebuchten Hotel.
Auch hier wurden wir wieder sehr freundlich Empfangen.
Nachdem wir dann die Zimmer bezogen hatten, wurde erst einmal bei herrlichem Sonnenschein die Stadt und die Festung besichtigt.
Wir waren uns alle einig darüber dass diese Insel wirklich einen längeren Aufenthalt Wert ist und wir werden sie in die kommenden
Urlaubsplanungen mit einbeziehen.

Leider hatten wir nur diesen Tag zur Besichtigung zur Verfügung aber wir haben ihn genossen und ihn mit einem schönen
Abendessen ausklingen lassen.
                    

Fast tropisch - St.Peter Port


Die alte Festung

 

 

Sonntag, 27.September

Wieder herrliches Sonnenwetter.
Nach dem englischen Frühstück begaben wir uns wieder mit dem Bus zum Flughafen.
Im Hauptgebäude ließen wir uns von einem Safety-Guard abholen und zum General Aviation Terminal bringen.
Wir wollten heute jedoch nicht wie beim Hinflug über St. Gatien fliegen, sondern zuerst auf Alderney, der kleinsten der Kanalinseln
landen, auftanken und von dort direkt nach Mönchengladbach zurückfliegen.

Als wir den Flugplan aufgeben wollten, erfuhren wir, dass auf Alderney heute das jährliche Air Race stattfindet und wir für den
Hinflug einen Slot benötigten.

Die Zeitplanung ließ das zu und so gaben wir einen weitern Flugplan für den 15 Minuten Flug nach Alderney auf, besser gesagt, das
wurde vom Personal für uns erledigt.
Das nenne ich Service !

Genau zur geplanten Zeit hob die Regent mit Michael als Pilot in command von der 09 ab und nahm, von Radar geführt,
Kurs auf Alderney.

D-EGLR taxi via A and B to holding point 09, report ready for departure.

                         
Kurz nach dem Start von der RWY 09 in Guernsey  " D-EGLR climb to altitude 3000ft and contact Jersey Zone on 125,200"

 

Da ich auf dem gesamten Flug immer nur als „Funker“ beschäftigt war, bat ich darum, wenigstens die Landung auf Alderney
machen zu dürfen. Ich liebe Pisten, bei denen man im Endteil tief über die Klippen der Steilküste fliegt, denn da wird die Landung,
entsprechender Wind vorausgesetzt, schon zu einer Sache, die den Kopf frei macht.
Genau so war es dann auch, aber wenn man weis, was auf einen zukommt, reagiert man auch richtig und so setzte ich die Regent auch
sicher auf den Asphalt der Piste 08.
Nach dem Abstellen kam gleich der Tankwagen und versorgte uns zu humanen Preisen mit dem für den Rückflug nötigen Saft.

Der Flugplatz war wegen des Flugzeugrennens recht voll aber hier lief alles mit einer himmlischen Ruhe und Beschaulichkeit ab,
man war eben doch in einer anderen Welt, in England eben.

Die moderne Gepäckabfertigung von Alderney

 

Alderney International- hier ist eine andere Welt

 
Das nächste Rennen sollte erst zur Mittagszeit starten und so beschlossen wir, zu Fuß in den nahen Ort zu laufen.
Dort angekommen, hörten wir auch schon wie die ersten Flugzeuge des Teilnehmerfeldes starteten und sich auf den Rundkurs
um die Insel machten. Ich weiß es nicht mehr genau, aber ich glaube, die Insel musste 10 Mal umrundet werden.
Das Feld war immer recht dicht beisammen und so kam der Pulk alle 10 Minuten mit ohrenbetäubendem Lärm vorbei.
Es waren keine Rennflugzeuge, alles was fliegen konnte war vertreten, vom Eigenbau bis zur Seminole. Jedes Flugzeug bekam,
abhängig vom Typ ein Handycap.  Uns taten die Motore leid die wirklich den Kurs mit Vollgas absolvieren mussten.

Wir fragten auf der Straße eine Frau, was denn so die Inselbevölkerung von diesen doch lautstarken Rennen hält.
Wir waren erstaunt über die Antwort. „ Das ist doch ein tolles Event, alle haben Spaß daran“.......................
Armes Fliegerland Deutschland, hier werden ja schon Segelflieger wegen Lärmbelästigung angezeigt.
(dagegen nimmt man aber billigend in Kauf, dass jährlich ich weiß nicht wie viele Menschen auf den Straßen bei durch LKW
verursachte Unfälle sterben müssen, weil die Unternehmer aus Kostengründen ihre Lager auf die Straße verlagern oder man im
Rheinland unbedingt Butter und Milch aus Bayern braucht)

 

Entschuldigung für diesen kleinen moralischen Abstecher.

Die Geschichte geht weiter und so wurde es auch Zeit für unseren Rückflug.
Das Wetter wurde gecheckt , dann der Flugplan berechnet und aufgegeben sowie die Zollformalitäten erledigt.

Alexander war unser Pilot auf dem Rückflug.
Als die Zeit gekommen war, das unser Flugplan aktiviert werden konnte, zogen wir die Schwimmwesten über und machten es uns im Flieger
bequem für die 3 1/2 stündige Strecke.
Nach dem Start übergab uns Alderney Tower wieder zu Jersey Zone und vor dort erhielten wir Radarvektoren bis zum Ausflug aus der
Channel Island SRZ bei Flammanville.

Die Halbinsel Contantin überflogen wir in östlicher Richtung bei guten Sichten, die Strecke über Wasser direkt nach Deauville flogen
wir jedoch bei geschlossener Wolkendecke on Top.

On top über dem "Englischen Kanal"    "D-EGLR  maintain 4000ft inbound DPE and report passing  St.Gatien airfield"

 

Wir meldeten uns über Deauville noch beim Turm von St.Gatien und wurde, nachdem wir die Kontrollzone passiert hatten,
auf die Frequenz von Paris Info und später zu Lille Approach  geschickt. Ab hier hatten wir wieder sehr gute Boden und Fernsichten
und flogen die gleiche Strecke wie beim Hinflug, machten allerdings um Kortrijk einen größeren Bogen.
Nach den geplanten 210 Flugminuten meldeten wir uns beim Turm in Mönchengladbach zurück und landeten sicher.

Der Flugplan wurde geschlossen und auf dem Weg zurück zu unserem Hangar fragten wir über Funk, ob wir uns beim Zoll melden müssen.
Normalerweise, und so habe ich es immer erlebt, verzichtet der Zoll auf irgendwelche Formalitäten, da wir ja bekannt sind.
Diesmal haben wir leider etwas zu spät gefragt, wir waren ja immerhin schon auf dem Weg zur Halle und hätten alles Mögliche an Schmuggelware unterwegs ausladen können.
Also gab es zum Glück nur einen mündlichen Verweis, weil wir uns zu spät gemeldet haben.

Ach ja - Deutschland hat uns wieder.